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Meine Bücher

Mit Leseproben

Coralee
und der Werwolfzoff

Band 1 der F.E.U.-Serie (Fey Emergency Unit)

Immer, wenn es in der magischen Welt drunter und drüber geht, brettert Coralee auf ihrer pinkfarbenen Harley zum Einsatz. Nicht etwa aus Gutherzigkeit - nein, sie wurde dazu verflucht, Gutes tun zu müssen. Coralee wäre allerdings keine Fee, wenn es ihr nicht gelänge, trotzdem noch ein paar kleine Gemeinheiten in die Welt zu schmuggeln.

Offizieller Klappentext:
Übernatürliche Notfälle sind Coralees Spezialität, denn sie ist eine Fee, und die meisten magischen Missgeschicke haben irgendwie ihren Ursprung in Feenmagie. So bedient sie die magische Notfall-Hotline bei F.E.U. Nicht ganz freiwillig, denn sie wurde dazu verflucht.
Aber trotz des Fluchs hat Coralee nie damit gerechnet, dass sie bei dieser Arbeit einmal bis zum Hals in der Scheiße stecken würde. Schuld daran sind natürlich die Werwölfe, wer sonst?
Doch das ist erst der Anfang ...


Eine Leseprobe und alle weiteren Bände dieser Serie finden Sie hier.


Cat Dubh –
Schwarzer Kater

Der Schein trügt manchmal - bei Katzen wie bei Menschen. Und wenn man Pech hat, landet man dort, wo man nie hin wollte.


Die zwanzigjährige Janna hat keine Freunde und immer nur Pech in ihren Beziehungen. Der junge Mann, der wie aus dem Nichts auftaucht, als sie im Stadtpark junge Kätzchen zeichnet, passt in dieses Muster. Er sieht wirklich nicht gerade vertrauenerweckend aus. Und doch erkennen ihre Künstleraugen an ihm etwas, das sie fesselt. Genug jedenfalls, dass sie seiner Einladung zu einem Konzert folgt.
Zu spät merkt Janna, dass sie sich mit den falschen Leuten eingelassen hat. Die Welt, in der sie sich wiederfindet, ist feindlich, ihre Bewohner wollen ihren Tod. Das einzige, was ihr noch an Vertrautem geblieben ist, ist ein schwarzer Kater. Reicht das, um in ihr eigenes Leben zurückzufinden? 

Leseprobe aus "Cat Dubh - Schwarzer Kater"


Im Park


Stinkender Speichel flog ihr ins Gesicht, und ein tiefes, grollendes Knurren ließ sie zusammenfah­ren. Mit einem hellen Knacken zerbrach der Stift in ihrer Hand. Zugleich spürte sie, wie acht kleine, scharfe Krallensätze blitzartig an ihrem Bein her­aufjagten. „Nein!“, entfuhr es ihr. Die Skizzenblät­ter flatterten zu Boden, während sie mit panischer Hast nach den kleinen Fellbündeln griff. Wenn die erst einmal in ihrem Mohairpullover festsaßen …

Gerade noch geschafft! Mit der rechten Hand hielt sie das gestreifte Kätzchen im Nacken fest. Die Linke drückte sie wie eine Kuppel geformt über den Kopf der kleinen Dreifarbigen, während sie gleich­zeitig versuchte, das Tierchen so fest wie möglich an ihren Oberschenkel zu pressen, damit es nicht höher kletterte. Erst jetzt traute sie sich, nach der Quelle des Knurrens zu sehen. Ein großer Dober­mann bäumte sich geifernd gegen seine Leine auf, während der Besitzer, ein vierschrötiger Kerl mit leichtem Bierbauchansatz und rotem Nacken, ver­geblich versuchte, Herr über seinen Hund zu wer­den. „Misttöle! Und wenn du zehnmal Katzen nicht ausstehen kannst, du hörst jetzt mal gefälligst auf mich!“

Der Dobermann trug keinen Maulkorb! Janna spürte, wie ihr das Herz in die Hose sank. Kein Wunder, dass die Kätzchen so panisch reagiert hat­ten! Sie hätte es ihnen nachgemacht, wenn nur ir­gendetwas in der Nähe gewesen wäre, auf das sie hätte klettern können. Aber da war nichts. Nur ein paar Blumenbeete mit verblühten Margeriten und Bartnelken.

„Verdammt, Harras! Ich lass dich kastrieren, wenn du nicht gleich parierst!“

Der Dobermann bäumte sich erneut auf, tänzelte einen Schritt zurück, dann wieder vor. Sein unwil­liger Besitzer wurde einfach mitgeschleift, auch wenn er sich mit beiden Füßen in den sandigen Weg zu stemmen versuchte. Das dreifarbige Kätz­chen kreischte auf, zusammen mit Janna. Im selben Moment erklang hinter ihr ein Laut, den sie nur als Schrei einer Banshee beschreiben konnte. Einen Gedanken lang schien die Welt zu erstarren. Dann huschte ein dunkler Schatten unter der Bank durch und stürzte sich auf den Hund. Der Dobermann wusste nicht, wie ihm geschah. Noch bevor er über­haupt reagieren konnte, hing ihm ein Ohr in Fet­zen, und das darunter liegende Auge war vor lauter Blut nicht mehr zu erkennen. Das schwarze Etwas warf sich in seinen Nacken, schlug kräftige Krallen hinein und begann, sein zweites Ohr zu bearbeiten. Mit einem entsetzlichen Aufheulen warf der Dobermann sich herum und floh. Sein Besitzer wurde umgerissen, die Leine entglitt ihm, und Janna hörte, wie er einige recht unfeine Flüche von sich gab, bevor er sich aufrappelte und seinem Hund nachlief.

Dieses Schwarze … war das eine Katze gewesen? Janna starrte Hund und Mann mit offenem Mund hinterher.

Bis ihr bewusst wurde, dass sich irgendetwas an ihrer Hose nass anfühlte. Im nächsten Moment stieg ihr auch schon der dezente Geruch nach Kat­zenurin in die Nase. Na bravo. Das hatte ihr noch gefehlt. Okay, die Jeans war alt, die konnte das ab, aber sie hatte eigentlich vorgehabt, direkt vom Park aus zum Arbeitsamt zu gehen. Sie ließ die Tigerkatze los und schaute auf die Uhr. Gerade noch genug Zeit, um sich umzuziehen.

Aus der Richtung, in der Mann und Hund ver­schwunden waren, näherte sich jemand. Hoffent­lich nicht … Nein, es war nicht das Duo. Okay, der junge Mann, der da den Weg entlang schlich, sah auch nicht gerade vertrauenerweckender aus. Schwarze Klamotten, Springerstiefel, ein halb zer­fetztes schwarzes T-Shirt, Tribal-Tattoos auf den Armen und ein tief in die Stirn gezogener Filzhut. Der zu allem Überfluss auch noch mit irgendwel­chen Federn im Band verziert war. Janna gab ihr Bestes, so zu tun, als sähe sie ihn nicht, und strei­chelte hingebungsvoll die Katze in ihrem Schoß. Mit dem Erfolg, dass auch die Gestreifte wieder an­kam und sich zwischen Jannas Hände drängelte.

Die Springerstiefel kamen in ihr Gesichtsfeld. Blieben stehen. Und drehten sich ihr zu. „Du magst wohl Katzen?“ Dann tauchte ein tätowierter linker Arm neben den Stiefeln auf und hob eine ihrer Skizzen vom Boden. „Nicht schlecht. Du hast Ta­lent.“

Die Stimme klang anders als alles, was sie erwar­tet hatte. Ein samtiger, dunkler Bass, und trotzdem irgendwie jung und frisch. Sympathisch. Janna war so verblüfft, dass sie aufsah – mitten in zwei fla­schengrüne Augen. Augen so grün, dass sie der ge­streiften Katze Konkurrenz machen konnten. Das Gesicht war schmal, fast schon scharf, mit einem Mund, der wie ein dünner Strich unter der fast winzig anmutenden Stupsnase stand und jetzt bei einem zaghaften Lächeln kleine, irgendwie scharf wirkende Zähne entblößte. Hatte er die gefeilt? Vermutlich. Würde zu den Piercings passen, die seine Augenbrauen mit kleinen Totenkopfsteckern verzierten. Er sah beim besten Willen nicht gut aus. Aber … interessant.

Das Lächeln verschwand so schnell, wie es ge­kommen war. Der junge Mann bückte sich, hob die anderen Skizzenblätter auf und besah sie, jedes einzelne. Dann reichte er ihr den Stapel zurück. „Waren wohl zu lebhaft, deine Katzen?“

„Es sind nicht meine. Sie scheinen hier im Park zu leben. Vielleicht hat jemand sie hier ausgesetzt. Ich habe sie vor sechs Tagen zu ersten Mal gesehen. Seitdem, naja, wenn ich mittags hierher gehe, brin­ge ich ihnen etwas zu Fressen mit.“

Seine Augenbrauen fuhren hoch. „Und warum nimmst du sie dann nicht gleich mit zu dir nach Hause?“

„Um einen Rausschmiss zu riskieren? Meine Ver­mieterin ist allergisch auf Katzenhaar.“

Sein Lächeln kehrte zurück. „Aber du magst sie, oder? Immerhin fütterst du sie. Und du malst sie. Nicht schlecht, wie ich schon sagte. Bist du Kunst­studentin?“

„Wäre ich gerne.“ Janna schluckte, während ihr ihre geplatzten Träume kurz durch den Sinn schos­sen. „Ich bin nicht gut genug für die Kunstschule.“ Sie schluckte erneut. „Vermutlich nicht gut genug für irgendwas. Mein Abitur war bestenfalls mau, ge­rade so bestanden. Und alles, was ich bislang an Ar­beiten ausprobiert habe, hat nicht lange gehalten. Ich habe in keinem Job die Probezeit überstanden.“

Wieso, zum Teufel, erzählte sie dem das eigent­lich? Einem völlig Fremden?

Er klickte mit der Zunge. „Schlechtes Karma, eh? Aber vielleicht haben die Götter ja auch nur etwas Besonderes mit dir vor.“

Götter? Karma? Dann war der Typ zu allem Über­fluss auch noch ein Esoterik-Spinner?

In diesem Moment erklang die Turmuhr der na­hen St. Stephanus-Kirche. Der junge Mann zuckte zusammen, riss die Hände auf die Stelle, wo unter dem speckigen Hut seine Ohren sitzen mussten, und verzog das Gesicht. Janna auch, allerdings aus einem ganz anderen Grund.

„Oh je, ich habe mich verplaudert. Tut mir leid, aber ich muss weg. Das Arbeitsamt …“

Sie setzte die Kätzchen ab, die vorwurfsvoll maunzten, raffte ihre Malutensilien zusammen und machte sich mit einem entschuldigenden Lächeln auf den Weg.

Er lächelte zurück.

Als sie sich am Parkausgang noch einmal um­drehte, sah sie, wie der Fremde vor der Bank kniete und offensichtlich auf die beiden Kätzchen einrede­te.

Komischer Typ. Aber irgendwie ganz nett.

Versprechen der Magie

Ein Verzweifelter
Eine trügerische Hoffnung
Ein Kampf ohne Gnade

Im Berlin der Goldenen Zwanziger Jahre trifft die arme Näherin Adelheid auf den wohlhabenden Herrn Rumpel. Der ermöglicht ihr den sozialen Aufstieg. Im Gegenzug verlangt er nur ein Hilfsversprechen. Nur?
Adelheid ahnt nicht, wie teuer sie dieses Versprechen zu stehen kommen wird.

Fast 100 Jahre später trifft ihre Ururenkelin Trix ebenfalls auf Herrn Rumpel. Wieder einmal tritt er als vermeintlicher Wohltäter auf und ermöglicht der drogensüchtigen, schwangeren Stricherin den Ausstieg aus der Szene und einen Neubeginn.
Aber auch sie wird mit seinen Forderungen konfrontiert. Forderungen, die eine Mutter unmöglich akzeptieren kann.
Wird es Trix gelingen, den Fluch, der auf ihrer Familie liegt, endlich zu brechen?

Rumpelstilzchen einmal anders. Während in Elena Münschers Geschichte „Ein Funke Magie“ Rumpelstilzchens Motive gründlich unter die Lupe genommen werden, zeigt die Fortsetzung „Kind der Magie“ von Mira Lindorm, dass wahre Liebe, die zu jedem Opfer bereit ist, nicht nur ein Funke, sondern ein helles Licht ist.

Leseprobe aus "Versprechen der Magie"


1. Kapitel, Teil 2, Autorin Mira Lindorm

Der Abend war bereits so fortgeschritten wie der Alkoholpegel der Gäste. Zigarettenqualm vernebelte das Wirtshaus. Es war laut. Gläser klirrten, Leute redeten durcheinander, einer rief lautstark nach seinem Bier, andere zählten Münzen auf den Tisch, hinten an der Wand spielte eine Gruppe ein Würfelspiel. Rummms! Der speckige Lederbecher knallte auf die Tischplatte. »Sechs!«, brüllte eine tiefe Männerstimme.

Schon knallte der Becher erneut auf den Tisch.

»He, das gilt nicht! Du hast gemogelt!«

»Hab ich nicht! Nimm das sofort zurück! He, ihr habt alle gesehen, dass ich nicht gemogelt habe!«

»Jaja, haben wir, nun gib endlich weiter, sonst sind wir übermorgen noch nicht fertig!«

Wie hielten die das bloß aus?

Konnten diese Wesen nicht ein Mal still sein?

Rummmms!

»Scheiße, nur eine Fünf!«

Sein Kopf schmerzte. Seine Gedanken verknoteten sich in dem magielosen Äther, ungerichtet, in Schlingen und Verwerfungen. Kaum dass er einen einzigen Gedanken zu Ende brachte. Wie lange konnte er das noch ertragen?

Mit einem Stöhnen sackte er auf dem Stuhl zusammen. Sein Kopf berührte das bierfleckige Holz. Wenn er doch bloß hier wegkönnte! Gequält schloss er die Augen.

»Besoffen.« In der Stimme klang Verachtung. »Schon wieder. Macht der das eigentlich jeden Abend?«

»Lass ihn. Er bezahlt immer. Und er gibt uns ein anständiges Trinkgeld. Außerdem geht er bald. Wie immer.«

Das war … wie hieß sie noch mal? Maria? Die Menschen hatten komische Namen. Er hatte Mühe, sie zu behalten, zumal ihre blassen Gesichter kaum auseinanderzuhalten waren. Ja. Maria. Hin und wieder hatte sie ihm die Zähne gezeigt. Er hatte lange gebraucht, um zu merken, dass diese Geste hierzulande freundlich gemeint war.

Und Maria hatte recht. Er musste gleich gehen. So erschöpft, wie er sich fühlte, würde er bald einschlafen, und das durfte auf keinen Fall vor den Augen der Menschen passieren. Sein Gestalttrugbild löste sich auf, wenn er schlief. Mit einem Stöhnen öffnete er die Augen und schob sich in die Höhe.


Mit einer Restvergiftung, die von den Menschen merkwürdigerweise mit dem Namen eines Tieres belegt wurde, wachte er am nächsten Abend auf. Kopf und Magen schmerzten. Er erinnerte sich nicht, welchen Weg er den Tag zuvor zu seinem Versteck genommen hatte. Wie primitiv die Menschen auch sein mochten, in einem waren sie sehr gut: in der Wirkstärke ihrer alkoholischen Getränke. Selbst bei seinem Stoffwechsel gelang es dank dieser Erfindung, dass er sein komplettes Denken vorübergehend einstellen konnte. Ein Segen, in den er sich fast jede Nacht flüchtete, wenn er sonst nichts zu tun hatte. Dafür nahm er sogar die anschließenden Schmerzen in Kauf. Die Tage waren nicht so schlimm. Seine Art war nachtaktiv, tagsüber bevorzugte sein Körper von allein ein sanftes Dahindösen, nicht richtig wach, nicht richtig schlafend, aber zumindest nicht gequält von seinen Erinnerungen. Die Nächte dagegen waren die Hölle. Dann, wenn er in dieser schrecklich warmen Welt kaum Luft kriegte, fast zu ersticken meinte, wenn der magielose Äther um ihn wie eine Wand wirkte, die Gedanken weder hinein- noch hinausließ. Nur der Alkohol ließ ihn sein Elend ertragen. Der und seine unaufhörliche, beharrliche Arbeit an einer Rückkehrmöglichkeit.

Langsam schob er sich aus dem Versteck, kniff die Augen zu, geblendet von dem noch immer intensivroten Abendhimmel.


Sein erster Gang führte wie zu Beginn jeder Nacht zum Tor. Ein schwarzer rauer Felsblock inmitten anderer schwarzer rauer Felsblöcke, aber die Runen der Wächter waren Leuchtfeuer für seine Augen. So nah und doch so fern! Ein einziger Schritt trennte ihn von seiner Heimat. Ein Schritt, den er nicht vollbringen konnte, denn nur Magie konnte die Runen zwingen, das Tor zu öffnen. Eine Magie, die ihm in dieser Welt nicht zur Verfügung stand. Noch nicht. Er starrte auf den Felsen, berührte ihn mit seinen Krallen, fuhr die Muster der Runen nach. Sie reagierten nicht mit dem kleinsten Flackern. Seine Verbannung war vollkommen. Eine Welt, in der Magie nur in winzigsten Spuren existierte, zu denen er einfach keinen Zugriff erlangte.

Nicht einmal das Trugbild, das er den Menschen von sich zeigte, konnte er aus eigener Kraft erhalten. Ein kleiner Zauber, den man ihm in die Verbannung mitgegeben hatte, komprimiert in einem Ring als einziges Zugeständnis an die Zustände hier. Sein Aussehen konnte er damit variieren, der Rest war für Manipulationen so unzugänglich wie die Wächterrunen.

Und doch … Sein Gesicht verzog sich, er fletschte die Zähne. Es gab einen Weg. Es gab immer einen Weg. Das war in der Welt der Menschen nicht anders als in seiner. Es würde lange dauern, er würde Geduld brauchen. Aber irgendwann würde er genügend Magie angesammelt haben, um die Wächter zu bezwingen und das Tor zurück zu öffnen. Er würde sich rächen.

Er würde zurückkehren.

Irgendwann.


Louise und das Trollerbe

Was macht eine Münchner Marktfrau, die es in die Elfenwelt verschlägt? Sie mischt die lokale Politik kräftig auf, König Oberon inklusive.

Offizieller Klappentext:


Louise steht vor den Trümmern ihrer Existenz. Buchstäblich, denn ein Troll hat ihr im Sterben den kompletten Marktstand zerstört, das Münchner Finanzamt will Geld sehen, das Umweltamt macht sie für den Schaden auf dem Markt verantwortlich und ihr Freund Rüdiger geht fremd. Glücklicherweise ist der Troll versichert.
Doch zu Louises Entsetzen besteht die Entschädigung aus einer Schlossruine in der Elfenwelt. Verständlich, dass Louise so schnell wie möglich wieder zurück will in die Menschenwelt. Oder doch nicht?
Dank der Burg ist sie hier immerhin eine Gräfin, und ihrer üppigen Rundungen wegen gilt sie unter den Elfen als herausragende Schönheit. Selbst König Oberon macht ihr Avancen.
Allerdings hat Louise eine Kleinigkeit übersehen: Elfenkönigin Titania ist eifersüchtig! 

Leseprobe aus "Louise und dass Trollerbe"


Kapitel 1


Am Morgen des 25. Septembers um zwanzig nach zehn fiel die Münchnerin Louise Hellpichler hinter ihrem Stand auf dem Viktualienmarkt in Ohnmacht.

Nun fällt eine gestandene Münchner Marktfrau normalerweise nicht einfach in Ohnmacht, auch wenn unmittelbar vor ihr ein zweieinhalb Meter großer und anderthalb Meter breiter Fremder auftaucht. Auch dann nicht, wenn der Fremde lange Eckzähne, spitze Ohren, giftgrüne Haut und rot glühende Schlitzaugen hat. Selbst die Tatsache, dass besagter Fremder splitterfasernackt war und wahrhaft beeindruckende Geschlechtsteile aufwies, hätte Louise höchstens ein Augenzwinkern lang in Verlegenheit gebracht.

Was Louise umwarf, war das Blut. Der Fremde blutete wie ein angestochenes Schwein. Dunkelgrünes Blut spritzte und blubberte aus seiner Kehle und breitete sich zähschleimig aus, quer über ihren guten Allgäuer Höhlenkäse. Louise sackte mit einem leisen Seufzer nach hinten, schlug gegen die aufgestapelten Leergutkisten und rutschte langsam zu Boden. Der grüne Fremde stand leicht schwankend da und glotzte auf die Auslagen, die sich unter seinem Blut schwarz verfärbten und zu einer undefinierbaren, Blasen bildenden Masse zerliefen. Dann begann auch der Stand zu zerlaufen. Der Tisch erhielt den Gnadenstoß, als der Fremde mit einem gurgelnden Grunzen vornüber fiel und krachend mit dem Oberkörper vor der Waage aufschlug. Gott sei Dank besaß Herr Unterhuber vom Nachbarstand Geistesgegenwart genug, um Louise aus der Gefahrenzone zu ziehen. Was nicht so einfach war, denn Louise brachte bei ihren 1,69 Metern Körpergröße immerhin ganze neunundneunzig Kilo auf die Waage. Natürlich nur mit Kleidung und Schuhen, wie sie immer betonte.

Das Blut des Fremden breitete sich in einer großen Lache weiter aus und zerfraß alles, womit es in Berührung kam, inklusive der Pflastersteine. Der Fremde zuckte noch einmal, umklammerte mit seinen Pranken die zerkrümelnden Reste der Tischbretter, aus seinen Zehen zuckten bemerkenswert lange Krallen und krümmten sich im Todeskampf zusammen. Dann erschlaffte sein Körper und begann, sich ebenfalls aufzulösen.


Als die Polizei endlich eintraf, war von dem Fremden nur noch eine rauchende schwarze Pfütze zwischen zerlaufenen Käseresten, zerbröselten Brettern und wachsweichen Pflastersteinen übrig.

Louise, deren gesundes Naturell sich schnell gegen die Ohnmacht durchgesetzt hatte, stand breitbeinig vor der Bescherung, warf die Hände gen Himmel und lamentierte in den höchsten Tönen.

Die beiden glattgebügelten Uniformierten drängten sich durch die glotzende Menge, starrten wie gebannt auf die erstaunlich freie Stelle, wo vor kurzer Zeit noch Louises Käsestand seinen Platz hatte und begriffen zunächst einmal gar nichts.

„Was soll das? Ich denke, hier ist jemand umgebracht worden?“, wunderte sich der Größere von den beiden.

„Umgebracht?“ Jetzt geriet Louise richtig in Fahrt. „Das kann man wohl sagen. Direkt vor meiner Nase ist er verblutet, eine Riesensauerei hat das gemacht, und meinen ganzen Stand hat er mir dabei zerlegt.“

„Ah ja.“ Der Polizist holte ein Notizbuch und einen Stift hervor und begann zu schreiben. „Also Sie sind …?“

„Louise Hellpichler.“

„Und hier ist Ihr Stand gewesen?“

„Jawohl, genau hier.“

„Und wo, bitte schön, ist dieser angeblich zerstörte Stand jetzt?“

Louises Unterlippe zitterte. „Sie stehen davor.“ Sie deutete auf die ominöse schwarze Flüssigkeit. „Genau hier war er, noch vor zehn Minuten.“

„Also bitte“, sagte der Polizist und wurde ärgerlich, „Sie reden mit einer Amtsperson, da sind schlechte Scherze unangebracht.“ Er trat einen weiteren Schritt vor, direkt in die Ausläufer der schwarzen Pfütze. „Ihre Papiere bitte, Frau Hellpichler.“

Louise ließ ihren Blick nach unten wandern, wo von den Schuhsohlen des Beamten bereits Dampf aufstieg. „Um Himmels willen, gehen Sie zurück, sonst lösen Sie sich womöglich auch noch auf!“

Mit Verärgerung im Blick kam der Polizist einen weiteren Schritt näher und stand damit endgültig mit beiden Schuhen in der schwarzen Pfütze. Die Schuhsohlen rauchten noch stärker. „Wollen Sie mich auf den Arm nehmen, Frau Hellpichler? Niemand löst sich hier auf. Kein fremder Mann, kein Stand und ich schon gar nicht.“

„Aber … aber …“ Louise deutete panisch nach unten.

„Kein Aber“, schnarrte der Polizist, „ich will Ihre Papiere sehen, und hören Sie endlich auf mit diesem Märchen, sonst nehme ich Sie mit aufs Revier zum Alkoholtest.“

Dem zweiten Polizisten war mittlerweile aufgefallen, dass etwas ganz entschieden nicht stimmte. Er wurde blass um die Nase, hob den einen Arm und öffnete den Mund, als ob er seinen Kollegen rufen wollte. Da sprang der erste Polizist auch schon von einem Fuß auf den anderen. „Himmelkruzitürkensakra, das brennt, das damische!“, fluchte er.

Der Kollege griff ein, machte einen resoluten Schritt in die schwarze Pfütze, packte den ersten Polizisten am Kragen und zog ihn zurück. Der jaulte mittlerweile vor Schmerzen. Mit geübtem Griff legte sein Kollege ihn flach auf den Boden und riss ihm die Überreste der Schuhe und Socken von den Füßen. Nach einem prüfenden Blick auf den Boden ließ er seinen eigenen Schuh gleich folgen. „Wasser! Wir brauchen sofort Wasser!“, brüllte er.

Einer der umstehenden Zuschauer kramte eine Flasche aus seinem Rucksack. Der Polizist goss seinem Kollegen das Wasser schwungvoll über die Füße. Das Jaulen wurde leiser, verstummte aber nicht ganz und wurde zu einem leisen Jammern. Der Beamte griff nach seinem Handy und rief Verstärkung.


Louise hielt vor ihrer Wohnungstür inne. Lauschte. Kein Laut. Gut, dann war Rüdiger nicht in ihrer Wohnung. Der hätte ihr jetzt gerade noch gefehlt. Von Männern hatte sie für heute die Nase gestrichen voll. Erst der Kerl, der ihren Stand zerlegt hatte, dann die Polizei mit ihren tausend Fragen, und keiner hatte sie ernst genommen. Wie eine Verbrecherin war sie behandelt worden, wie eine Terroristin! Als ob sie ihren Stand mit Absicht eigenhändig in schwarze Plörre verwandelt hätte, nur um der Polizei die Schuhe verätzen zu können. Voller Wut betrat sie ihre Wohnung, feuerte die Tasche in eine Ecke, holte sich aus dem Kühlschrank eins von Rüdigers Bieren und ließ sich aufs Sofa sacken. Den rechten Schuh kickte sie hinter den Sessel, den linken trat sie vor den Fernseher. Louise legte den Kopf zurück und ließ das Bier in einem langen Zug in die Kehle rinnen. Wenigstens eines hatte sich nicht geändert: Das Münchner Bier schmeckte tadellos.

Was jetzt? Die Polizei erwartete immer noch Erklärungen, die sie nicht geben konnte, und ihr Broterwerb war fürs Erste gestrichen. Auf dem Rückweg vom Polizeipräsidium war sie noch einmal bei ihrem Stand vorbeigegangen. Rot-weißes Flatterband spannte sich weitläufig um die schwarze Brühe, und ein paar Spinner vom Katastrophenschutz in weißen Astronautenanzügen versuchten, das Zeug so gut wie möglich aufzulöffeln. Sie hatte nur harmlos gefragt, wann sie denn ihren Stand neu errichten könne, und der Lackaffe mit dem Handy und dem Laptop, der die anderen herumkommandierte und wichtig in der Gegend herumstand, hatte sie abgekanzelt wie den letzten Dreck. Das sei ja wohl eine Umweltsauerei ersten Ranges, was sie hier gemacht habe, und das würde noch teuer werden, sehr teuer, wenn das Umweltamt den Schaden erst einmal richtig begutachtet habe. Und überhaupt, was sie hier eigentlich zusammengepanscht habe? Louise hatte sich die Antwort gespart. Der Kerl hätte ihr genauso wenig geglaubt wie die Polizei. Scheiße. Louise nahm einen weiteren langen Zug aus der Bierflasche. Müde legte sie den Kopf zurück und schloss die Augen. Hinter ihrer Stirn pochte es. Das fehlte gerade noch. Wenn sie jetzt auch noch ihre Migräne bekam …


Louise bekam keine Migräne, sondern Besuch. Jemand klingelte Sturm an ihrer Haustür. Sie fuhr vom Sofa hoch und musste erst einmal den Blick klar bekommen. Verdammt, wer schellte um neun Uhr abends? Rüdiger konnte es nicht sein. Erstens hatte er einen Schlüssel und zweitens, wenn er hätte kommen wollen, wäre er schon viel eher aufgetaucht.

Wo zum Teufel waren ihre Schuhe? Auf die Schnelle fand sie nur einen. Sie entschied sich dagegen, ihn anzuziehen. Nur eines war noch lächerlicher, als barfuß an der Tür zu erscheinen: auf einem beschuhten und einem unbeschuhten Fuß herumzuhumpeln. Die Bierflasche landete auf dem Tisch, der einzelne Schuh daneben, Louise fuhr sich einmal durch das Haar, dann stand sie auch schon an der Tür und spähte durch den Spion. Nichts zu sehen. Wollte jemand sie für dumm verkaufen? Da klingelte es schon wieder. Es musste ein Kind sein. Verdammt, konnten die Eltern ihren Nachwuchs nicht zur normalen Zeit ins Bett befördern? Louise riss die Tür auf – und starrte fassungslos auf eine hutzelige kleine Gestalt im schwarzen Anzug. Das Ding – der Mann? – war nicht größer als ein Achtjähriger. Ganz offensichtlich war er allerdings deutlich älter. Sein Haar war schlohweiß, der Bart weiß und grau gesprenkelt, und über den buschigen Augenbrauen zerfurchten Falten die Stirn, gegen die der Appenzeller Gletscher eine samtweiche Eiskunstlaufbahn war. Nun gut, das hätte sich alles mit ein paar kleinen genetischen Abweichungen erklären lassen. Nicht jedoch die Tatsache, dass dieser kleine Mann so grasgrün war wie der Kerl, der ihren Stand zerlegt hatte, und ebenfalls spitze Ohren und rote Schlitzaugen hatte. Ach ja, und Krallen an seinen sieben Fingern. Sieben Finger, mit denen er eine sehr amtsmäßig aussehende Akte umklammerte.

Der kleine Kerl verbeugte sich höflich. „Angenehm, Ihre Bekanntschaft zu machen. Darf ich eintreten, Frau Hellpichler?“, säuselte er mit Fistelstimme. „Oh, übrigens“, fuhr er ohne Atempause fort, „ich vergaß ganz, dass wir uns noch nicht kennen. Oder besser gesagt, Sie kennen mich nicht, was sehr verständlich ist, aber ein Lapsus, dem wir schnell abhelfen können. Ich bin Xanxus R. Groddner, Schadensbegrenzer und Sachverständiger für interdimensionale Zwischenfälle, von der All-Risk-Versicherung Groddner, Axus und Söhne, zu Ihren Diensten!“ Plaudernd trat er über Louises Türschwelle, bevor sie die Tür wieder schließen konnte.

„Halt, Moment mal“, protestierte sie, „ich will doch gar keine Versicherung!“

„Eine Versicherung abschließen können Sie zwar auch bei uns“, der Zwerg verzog seine dünnen Lippen zu einem spitzzähnigen Lächeln, „aber das ist nicht der Zweck meines heutigen Besuches. Ich bin, wie schon gesagt, Schadensbegrenzer und Sachverständiger für interdimensionale Zwischenfälle.“

„Ja ja.“ Louise seufzte. „Das hatten wir schon. Aber warum sind Sie hier? Was wollen Sie von mir?“

„Setzen wir uns doch irgendwo“, schlug der Kleine vor.

Louise nickte nur schwach und führte ihren Besucher in die Stube. Das Erste, was ihr auffiel, war der eben noch vermisste Schuh hinter dem Sessel. Das zweite stand einträchtig vereint mit der Bierflasche mitten auf dem Tisch. Na bravo. Was würde Herr Groddner jetzt wohl für einen Eindruck von ihr bekommen? Und sie hatte gedacht, der Tag könnte nicht schlimmer werden.

Herr Groddner setzte sich auf den Sessel, kerzengerade ganz vorn auf die Kante, schob behutsam Flasche und Schuh ein Stück zur Seite, ohne eine Miene zu verziehen, und breitete seine Akte vor sich aus. „Unser Versicherungsnehmer hat uns angezeigt, dass er am heutigen späten Nachmittag auf dem Viktualienmarkt der Menschenstadt München in der Dimension Erde einen Marktstand zerstört hat.“

„Ihr Versicherungsnehmer?“

„Der Troll Knxkrsch.“

„Wer ist das?“

„Sie haben ihn heute Nachmittag kennengelernt.“

„Der, der auf meinem Höhlenkäse verblutet ist?“

„Genau der.“

„Aber … der ist doch tot!“

„Vollkommen richtig.“

„Wie kann er dann eine Anzeige machen?“

Der kleine Mann hob erstaunt die Augenbrauen. „Als Geist natürlich, wie sonst?“

„Als Geist“, echote Louise schwach. Das fehlte gerade noch. Jetzt spukte auch noch ein Geist in ihrem Leben herum.

„Also“, hob der kleine Mann gewichtig wieder an, „unser Versicherungsnehmer hat uns angezeigt, dass er Ihren Stand zerstört und damit Ihren Lebensunterhalt nachhaltig beeinträchtigt hat. Nach den Statuten unserer Gesellschaft sind wir damit verpflichtet, für Ihre Entschädigung zu sorgen.“

Louise spitzte die Ohren. Geld! Das kam wie gerufen!

„Wahlweise haben Sie nach Paragraf 11119 Absatz 3a Satz 4 einen Anspruch auf Wiedergutmachung durch Arbeit – was in diesem Falle entfällt, da die Arbeitsstätte zerstört wurde und unser Versicherungsnehmer durch sein Ableben körperlich nicht in der Lage ist, Ihnen einen gleichwertigen Ersatz zu beschaffen. Oder nach Paragraf 11120 Absatz 1, Satz 1 bis 8 haben Sie Anspruch auf einen gleichwertigen Ausgleich aus dem Vermögen des Versicherten, das nach Paragraf 278 Absatz 1, Satz 1 bis 5 automatisch bis zum Ausgleich aller Verbindlichkeiten in die Verwaltung der All-Risk-Versicherung Groddner, Axus und Söhne übergegangen ist.“

„Verstehe ich das richtig?“ Louise war verdattert. „Die Versicherung begleicht den Schaden aus dem Erbe des Toten?“

„Natürlich. Woraus sonst?“

Merkwürdige Art von Versicherung. Aber solange Geld dabei heraussprang, konnte es ihr egal sein. Louise wartete.

„Trolle haben im Allgemeinen keine großen Vermögenswerte“, fuhr Herr Groddner fort. „Zu Ihrem Glück ist dieser Troll eine Ausnahme. Er hat kurz vor seinem Tod die Burg Morgenrot auf den Nordsängerwälder Klippen erobert – übrigens der Grund für sein Ableben, denn der Neffe und Erbe des vormaligen Besitzers war nicht damit einverstanden, dass Knxkrsch seinen Onkel zum Frühstück verspeiste. Aus Rache ließ er ihn umbringen. Da selbiger Neffe allerdings nicht imstande war, vor dem Tod des Trolls Knxkrsch die Burg zurückzuerobern, gehört sie jetzt zur Erbmasse und damit der All-Risk-Versicherung Groddner, Axus und Söhne.“

Louise runzelte die Stirn. „Bedeutet das das, was ich denke? Sie wollen mich irgendwie mit dieser Burg entschädigen? Nicht mit Geld?“

Herr Groddner seufzte. „Gold ist leider keines da, Trolle haben keine Verwendung dafür. Sie werden schon mit dem vorliebnehmen müssen, was wir zur Hand haben. Glauben Sie mir, verehrte Frau Hellpichler, auch mir wäre Gold deutlich lieber.“

Louises Gedanken rasten. „Und wenn Sie einfach die Burg verkaufen?“

„Verkaufen? Eine verfluchte Burg, in der der Geist ihres verspeisten ehemaligen Eigentümers herumspukt? In der ein Troll gehaust hat? Was glauben Sie, wie die Burg derzeit aussieht? Nicht einmal die Verwandtschaft des Vorbesitzers würde sie zurückkaufen.“

Louises Stimmung sank auf den Nullpunkt. Offenbar wollte man ihr einen Müllhaufen in Form einer Burgruine andrehen. Noch dazu einen, in dem es spukte.

„Hören Sie“, sagte sie frostig, „den Mist können Sie behalten. Ich lege keinen Wert darauf, eine Trollbehausung zu erben.“

„Tsk, tsk“, murmelte Herr Groddner kopfschüttelnd, „Menschen!“

Letzteres hatte er nur undeutlich in seinen Bart gegrummelt. Er packte seine Papiere umständlich zusammen, rutschte von der Sesselkante und verbeugte sich. „Nun, Frau Hellpichler, Sie haben nach unseren Statuten vierzig Tage Bedenkzeit, ob Sie unser Angebot annehmen wollen.“ Er nahm eine Visitenkarte mit giftgrünem Glitzereffekt aus seiner Jackentasche und legte sie auf den Tisch. „Wenn Sie es sich anders überlegen, erreichen Sie mich unter dieser Nummer. Auf Wiedersehen, Frau Hellpichler!“ Damit stolzierte er zur Tür.

Louise trottete hinterher. Sie wollte lieber auf Nummer sicher gehen, dass dieser merkwürdige Besucher die Wohnung auch wirklich verließ.

Auf der Türschwelle drehte sich Herr Groddner noch einmal um. „Wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf, Frau Hellpichler: Sie sind eine der schönsten Frauen, die ich in meinem ganzen Leben gesehen habe, und das sind immerhin schon 732 Jahre.“ Nach diesem Kompliment nickte er zum Abschied und ging den Flur entlang Richtung Haustür.

Herzenswünsche kommen teuer

Neugierig, wie Prinzessin Suleika nun einmal ist, findet sie beim Stöbern in der Schatzkammer ihrer Mutter Sheherezade ausgerechnet die Wunderlampe. Und natürlich setzt sie auch prompt den Dschinn darin frei. Der erklärt, dass er ihr zwar jede Menge gewöhnliche Wünsche erfüllen kann, aber nur drei Herzenswünsche für die Dauer ihres ganzen Lebens.
Nach Kinderart äußert Suleika ihren ersten Herzenswunsch spontan – ohne zu ahnen, was sie damit anrichtet.
Für eine Weile schwört Suleika darauf der Wunderlampe ab, doch als sie zur Frau heranwächst, bringt das Leben neue Sehnsüchte mit sich, für die der Dschinn der ideale Ausweg scheint. Bleibt nur die Frage, ob Suleika inzwischen gelernt hat, ihre Wünsche mit mehr Weitsicht zu äußern.

1001 Nacht lang erzählte die todgeweihte Sheherezade ihre Geschichten, bis der Sultan sie verschonte. Mira Lindorm spinnt das Garn nun weiter und beschreibt in "Herzenswünsche kommen teuer" die möglichen Folgen der 1002 Nacht. Ein Thema so zeitlos aktuell wie der Zauber der arabischen Sagenwelt: Egoistische Wünsche, kurzsichtig verwirklicht - ein prima Rezept für Schwierigkeiten.

Leseprobe aus "Herzenswünsche kommen teuer"


Prolog

Der Dschinn war alt. Selbst für seinesgleichen. Und er hatte keine Lust mehr. Immer diese dummen

Wünsche der Menschen! Kein Sinn und Verstand lag darin. Kaum einer von ihnen hörte wirklich zu, wenn er

versuchte, ihnen einen guten Rat zu geben.

Der Dschinn räkelte sich – und stieß prompt gegen die Wand der goldenen Lampe. Verdammtes Gefängnis! Wie sollte er je daraus freikommen, wenn die Menschen so uneinsichtig waren? Und selbst wenn einer von ihnen sich seine Worte zu Herzen nehmen sollte, würden er ihm vermutlich dennoch nicht helfen wollen. War ja so bequem, einen Dschinn-Diener zu haben, dem man einfach befehlen konnte: Tu dies, mach das, kümmere dich um jenes; und er stampfte Wunder aus dem Boden, wenn nötig.

Der Dschinn seufzte. Es klang wie das Stöhnen der Winde über den Maghreb-Höhen, wo er zuhause war. Wie er die Berge vermisste, die klare Luft, die funkelnden Sterne!

Der Dschinn drehte sich frustriert und versuchte, auf dem harten, glatten Gold des Lampeninneren eine bessere Ruheposition zu finden. Wenn er doch bloß von dieser dummen Lampe befreit würde. Frei sein. Im Wind schweben, unsichtbar, substanzlos, ohne Befehle, ohne Wünsche, ohne Bedürfnisse, ohne Gefühle, vergessen zu können, vergessen zu werden ... Was würde er nicht dafür geben!


Der erste Herzenswunsch

Mama!“ Die kleine Prinzessin stampfte wütend mit ihrem zierlichen Fuß auf. Sheherezade versteckte ihr Lächeln hinter ihrem Fächer. Wie sehr die Kleine doch ihrem Vater, dem Sultan, glich! In Sachen Temperament und Sprunghaftigkeit war sie sein absolutes Ebenbild. Allerdings hatte sie auch von ihrer Mutter einiges abbekommen. Die Eunuchen wurden nicht müde, wieder und wieder zu versichern, dass Suleika ebenfalls zu einer Schönheit heranwachsen würde.

„Ich will aber mit den Jungen spielen!“, trotzte die Prinzessin. „Ihre Spiele machen einfach mehr Spaß!“

„Jungenspiele gehören sich nicht für eine Prinzessin.“

„Aber Mädchenspiele sind so entsetzlich langweilig! Außerdem will ich unbedingt lernen, wie man mit einem Schwert kämpft, damit ich eine holde Maid vor einem Drachen retten kann.“

„Du wirst doch selbst zu einer holden Maid heranwachsen, die vielleicht eines Tages gerettet werden muss!“

„Quatsch. Ich werde bestimmt nicht in Tränen ausbrechen und herumschreien, wenn ich auf einen Drachen treffe. Ich werde ihn einfach töten. Ich brauche bloß das passende Schwert dazu.“

„Und so etwas erzählen sie dir?“ Sheherezade seufzte. „Ich werde ein ernstes Wort mit den Jungen reden müssen. Sie setzen dir lauter dumme Ideen in den Kopf.“

Die Prinzessin zog eine Schnute. „Wieso soll es eine dumme Idee sein, einen Drachen mit einem Schwert zu töten?“

„Na, erstens kommt so ein Schwert überhaupt nicht durch die Schuppen der Drachenhaut hindurch. Du würdest ihn

höchstens damit kitzeln können. Zweitens sind Menschen einfach viel zu klein, um mit einem Schwert gegen Drachen zu kämpfen. Du würdest nicht einmal bis an seinen Bauch kommen, geschweige denn an seinen Kopf. Und drittens bist du die Tochter des Sultans, und du lebst in seinem Harem. Es gibt nicht den Schatten einer Chance, dass du hier jemals auf einen Drachen treffen könntest.“

Suleika rieb sich ihre zierliche Stupsnase. „Mmmmm.“ Dann kratzte sie sich am Kopf. Sheherezade lächelte ihre kleine

Tochter voller Zuneigung an. Denken war wohl noch harte Arbeit für die Kleine.

Endlich schien Suleika zu einem Entschluss zu kommen. Ihr rundes Gesichtchen zeigte einen geradezu königlichen

Ernst. „Wenn der Drache nicht in den Harem kommen wird, dann muss ich eben den Drachen aufsuchen.“ Sie sah jetzt sehr ernst und entschlossen aus. „Und wenn das bedeutet, dass ich mein Heim verlassen muss, dann sei es so. Inschallah!“

Bevor Sheherezade reagieren konnte, drehte die Kleine sich um und lief los, um sich neue Spielkameraden zu suchen. 



Suleika lugte um die Ecke. Da war der Ausgang, so nahe und doch so unerreichbar. Die beiden Eunuchen, die links und rechts der Tür wachten, würden keine Frau aus dem Harem herauslassen, egal, wie klein oder groß sie war. Verdammt, das war unfair! Ihre Brüder durften hinaus!

Moment. Und wenn sie als Junge verkleidet war? Das müsste doch gehen!

Wenig später stolzierte ein ziemlich merkwürdig aussehender junger Prinz auf den Ausgang zu. Pluderhosen, Sandalen und Hemd sahen eigentlich noch ganz normal aus, wenn man einmal

davon absah, dass das Hemd irgendwie verkehrt herum zu sitzen schien. Aber seit wann trugen die jungen Prinzen

Makeup? Und die Haarsträhnen, die unter der Kappe herauskrochen, waren verdächtig lang.

Die Wachen tauschten einen amüsierten Blick.

„Öffnet mir die Türe!“

Das Stimmchen klang nicht so, als ob es gewohnt war, laut zu reden. Der ältere der beiden Eunuchen beschloss, das

Spiel mitzumachen.

„Eure Hoheit, ich würde Euch ja gerne die Türe öffnen. Bloß ...“

„Bloß was?“

„Es schickt sich nicht für einen Prinzen, alleine in die Stadt zu gehen. Ihr solltet wenigstens ein halbes Dutzend Diener

dabeihaben. Zudem wäre Eure Sicherheit nicht gewährleistet, wenn Ihr nicht ein gutes Dutzend Soldaten zu Eurem Schutz bestellt hättet. Und, entschuldigt, wenn ich das sagen muss, Hoheit, es sind keine Soldaten bestellt worden. Zumindest warten keine auf der anderen Seite des Tores. Ohne Soldaten und Diener kann ich Euch unmöglich hinauslassen.“

Auf der Stirn des vorgeblichen Prinzen erschien dieselbe steile Falte, die auch der Sultan zeigte, wenn er ungehalten war. Der Eunuch verbeugte sich hastig. „Es tut mir überaus Leid, dass ich Euch nicht gehorchen kann, mein Prinz. Aber wir haben Befehl von Eurem Vater, dem Sultan. Wir sind verantwortlich für Eure Sicherheit, und es kostet uns unseren Kopf, wenn wir in dieser Aufgabe versagen.“

Einen Moment hing das Schicksal in der Schwebe. Dann glättete sich die junge Stirn. „In diesem Falle“, sagte das

Stimmchen gönnerhaft, „werde ich warten, bis alles zur Zufriedenheit meines Vaters geregelt ist.“


Suleika war nicht begeistert, als ihre Mutter sie nach dem Abendessen sprechen wollte. Allerdings war sie auch nicht

überrascht. Sheherezade war berüchtigt dafür, dass sie buchstäblich das Gras wachsen hörte. Nichts im Harem entging ihrer Aufmerksamkeit.

Der neue mit der Harley

Eine wichtige Information: Dieses Buch ist kein normal großes Taschenbuch, sondern ein Minibuch mit Kurzgeschichten, Es hat die ungefähre Größe 5,7 x 8 cm, ist also im wahrsten Sinn des Wortes ein "Taschenbuch".

Mann trifft Frau, Frau trifft Mann – Beziehungen sind das halbe Leben. Und nicht immer laufen sie glatt. Diese vier Kurzgeschichten gehen einmal querdurch:
Ein Mann, der die Frauen verführt, eine Frau, die Rache schwört, ein Damentrupp auf Abwegen, und eine sehr freundliche Nachtarbeiterin der speziellen Art.

Leseprobe aus "Der Neue mit der Harley"


Es hieß, in dem Schrebergarten links hinten am Teich sei ein neuer Mann aufgetaucht, einer mit einer Harley. Das Thema beherrschte den ganzen Grillabend.

Die Damen diskutierten zunächst die körperlichen Vorzüge des Neuzugangs. Nicht ganz jung, noch nicht Mittelalter, ein langhaariger Jeansträger mit nur einem klitzekleinen Bauchansatz, gut 1,80 groß, und die hellblonde Farbe seiner Mähne tarnte jedes eventuell schon vorhandene graue Haar wirkungsvoll. Er sollte einen Berliner Akzent haben. Also, das war ja schon sehr merkwürdig. Ein Berliner in Stuttgart.

Ob der wohl noch ledig war? Eine Frau hatte noch keiner bei ihm gesehen. Und den Rasen hatte er noch kein einziges Mal gemäht in den zehn Tagen, die er bereits den Schrebergarten gepachtet hatte. Aber Oma Welleke hätte schon mit ihm gesprochen. Oma Welleke sprach mit jedem Neuen. Hoffentlich hatte der kein Bauchweh von ihren Aniskeksen bekommen. Jörg heißt er, steuerte die füllige Frau Bredersen bei. Jörg Sabrowski. Woher sie das wüsste? Oh, sie hatte den kleinen Schmittmann von der städtischen Schrebergartenverwaltung einfach gefragt. Ob der Neue wohl bei Mercedes arbeitet? Aber ein Mercedes-Mann, der eine Harley fährt?

Um die Harley drehten sich auch die Gespäche der Männer. Tolle Maschine. Nachtschwarz und Silberchrom, mit dem Bild eines rotgeflammten Drachens auf den Korpus, verkörperte sie all das, wovon große Jungen träumen. Und wie lässig er damit vorgefahren war! Die Harley stand vorne im Schrebergarten aufgebockt, mitten auf dem schon viel zu langen Rasen, unter einem Partypavillon aus weißem Plastik. Jeder, der vorbeikam, sah unwillkürlich zu ihr hin. Wenn der Neue nicht gerade hinten zwischen den Apfelbäumen in seiner Hängematte lag, wienerte er seine Harley. Ob der wohl keine Arbeit hatte? Aber mit Hartz IV kann man sich keinen Schrebergarten leisten. Dann hatte er sicher Urlaub. Den Garten schien er ja wohl auch als Urlaub zu betrachten, jedenfalls hatte ihn noch niemand bei irgendeiner Gartenarbeit gesehen. Herr Meyering warf ein, so jemand wie der müsste wohl Beziehungen haben. Normalerweise bekam einen Garten doch nur jemand von der Liste, und das waren alles Alteingesessene, solide Schwaben, keiner wie der Neue.

In den nächsten Tagen kam so nach und nach ein Wissenszipfelchen zum nächsten. Schriftsteller war der Neue und er hatte den Schrebergarten für den Sommer gepachtet, um hier ein Buchprojekt zu vollenden.

Ein Autor! Die Damenwelt stand kopf. Eine um die andere besuchten die Frauen den Neuen. Frau Strömer kam mit einer Tasse Kaffee von gegenüber, Frau Wilms brachte dem Neuen ein gemütliches grünbehäkeltes Kissen für seine rote Hängematte, Oma Welleke klärte ihn über die Gepflogenheiten der schwäbischen Kehrwoche (auch im Schrebergartenrevier!) auf, Frau Bredersen fragte ihn mit kokettem Augenaufschlag um Rat zu ihrem Kreuzworträtsel, Frau Grunde erkundigte sich teilnahmsvoll, wie weit denn sein Roman schon gediehen sein, und ob sie mal hineinschnuppern dürfe, und Frau Meyering war sich nicht zu schade, ihn zu bitten, sie doch einmal auf seiner Harley zu fotografieren.

Der Neue taxierte sie mit Kennerblick, fotografierte und fragte dann, ob sie nicht mal mit ihm auf der Harley eine kleine Tour machen wolle.

Gerne!

Der Neue strahlte, Frau Meyering strahlte zurück, und die beiden verabredeten sich für den nächsten Samstag.

So bewegte sich ein steter Zug der holden Weiblichkeit in den Garten des Schriftstellers. Die Männer blickten gönnerhaft und besuchten den Neuen ihrerseits unter jedem erdenklichen Vorwand, um bewundernd vor der Harley stehenzubleiben und über das glänzende Metall zu streichen.

Das Gras wuchs weiter.